• Oktober 2024

KAFI KNOCHENBRUCH

In Luzern gibt es Bestrebungen, ein Getränk namens Kafi Luz als kulinarisches Weltkulturerbe schützen zu lassen. Konkret heisst dies für den heissen Mix aus dünnem Filterkaffee, Zucker und Fruchtbrand: ab auf die Liste des «immateriellen Kulturerbes» der Unesco. Ein grosses Ziel – und das Immaterielle ist dabei das eine, wirtschaftliche Interessen sind wohl das andere, denn es geht in diesem Bemühen selbstverständlich auch darum, die Leute zum Konsum einheimischer Obstbrände zu bewegen.

Es stand kürzlich in der Zeitung: Es wird immer weniger gesoffen und gegüllert in unserem Land! Zudem tendieren die, die noch Alkohol konsumieren, zu weicherem Stoff; und die, die noch Hartalk kippen, wollen neumodisches Zeugs wie Elefantendung-Gin aus Südafrika oder Jahrgangsrum von den Fidschi-Inseln. Da müssen Massnahmen ergriffen werden. Doch unklar ist, was der Name Kafi Luz überhaupt bedeutet und woher er stammt. Kafi ist klar, aber Luz? Steht Luz wirklich für Luzern, wie behauptet wird? Oder doch – wie andere Quellen angeben – für Luzifer, weil das hochprozentige Zeugs so teuflisch einfährt.

Vor allem in der kalten Jahreszeit erfreut sich der Kafi Luz auch seiner vermeintlich wärmenden Funktion wegen in Après-Ski-Hütten grosser Beliebtheit und ist nicht selten Ursache für spätere komplizierte offene Frakturen infolge von alkoholisierten Schussfahrtstürzen. Kafi Knochenbruch wäre folglich auch ein valabler Name.

Aber eben, das Ziel: die Unesco-Liste der immateriellen Kulturgüter. In Österreich etwa finden sich darauf Dinge wie «Hundstoa-Ranggeln» (eine Form des Ringens), das «Wissen um die Haselfichte als Klangholz» oder die «Bodensee-Radhaube». Erst dachte ich, bei der Radhaube handle es sich um Auto-Tuning-Zubehör – um etwa einen BMW M3 aufzumotzen – so wie bei der «Klappenauspuffanlage» oder dem «Kohlefaser-Heckspoiler». Dinge übrigens, die es dereinst ziemlich sicher auf die Kulturgutliste von Pratteln oder Spreitenbach schaffen werden. Doch besagte Radhaube ist bloss eine radförmige Kopfbedeckung, die zu einer traditionellen Tracht gehört. Warum also sollte es der Kaffee Luz nicht ebenfalls auf die Unesco-Liste schaffen?

Auf der Schweizer Liste des immateriellen Kulturerbes findet man ja auch die «Zuger Kirschtorte», das «Käsefondue» sowie den «Eierleset». Letzterer ist eine Tradition, die ich bestens aus meiner Kindheit kenne. Der Eierleset wurde und wird noch immer in meinem Heimatdorf im Baselbiet praktiziert. Vereinfacht: Es geht um rohe Hühnereier, die eingesammelt werden müssen von zwei konkurrierenden Parteien, wobei nicht nur physische Fitness gefragt ist, sondern auch Geschick beim Wurf der Eier in einen mit Spreu gefüllten Korb.

Nach dem «Eierleset» ging es damals traditionell in die festlich geschmückte Mehrzweckturnhalle, auf der Bühne sorgte das «Duo Sie & Er» für Stimmung, und es gab den Spiegeleierfrass: Die Eier wollten gegessen werden. Aber auch da ging der Wettkampf munter weiter: Wer konnte am meisten Spiegeleier verdrücken? Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen des Siegers oder an die Anzahl der gegessenen Spiegeleier (ich glaube, es waren 37), aber an sein Gesicht, kurz bevor er disqualifiziert wurde, da er die Eier nicht bei sich behalten konnte.

Dem Kafi Luz begegnete man dort in der Turnhalle ebenfalls, aber vielleicht sagten wir auch Kafi fertig, denn so wird das trübe Getränk auch genannt. Ein Name, der eigentlich fast besser passt. Drei, vier Stück davon, und man ist so, wie er es verspricht.