ICH KÄRCHERE, ALSO BIN ICH
Stundenlang hingen wir an Baustellen rum, schauten zu, wie Bagger baggerten und Presslufthämmer presslufthämmerten, das Kind im Buggy wollte nie mehr weg, die Hände auf die Ohren gepresst, wegen des Lärms, die Augen geweitet – wegen des Spektakels. Baustellen sind magnetische Hotspots, wenn man Kleinkinder hat. Die mächtigen und vor schierer Kraft zitternden Maschinen faszinieren die kleinen Menschen. Doch irgendwann wird ein jedes Kind grösser, das Interesse an den Arbeiten in aufgerissenen Strassen und dem Gewusel in kranbestückten Baugruben schwindet, andere Dinge rücken in den Fokus, und bald wünscht sich das Kind zu Weihnachten nicht mehr das «Grosse Buch der Bagger», sondern einen Rasierapparat.
An die Baustellengratisunterhaltung erinnerte ich mich, weil ich nun eine Baustelle in der Nachbarschaft habe. Schon eine Weile ist das Haus eingerüstet, es wird vollumfänglich renoviert. Doch die Arbeiten schreiten gemächlich voran. In China schlief ich mal in einem Hochhaushotel, in Shanghai, mit Blick auf den Huangpu-Fluss, der beim Zubettgehen dunkel in der Nacht glänzte, und als ich am nächsten Morgen aufwachte, war der Fluss nicht mehr zu sehen – es stand ein neuer Wolkenkratzer vor dem Fenster. Hier schlägt man ein anderes Tempo an, und das ist sicherlich auch gut und richtig so, weil man es gut und richtig machen will. Jedenfalls: hochinteressant, so eine Baustelle!
Heute etwa gingen die Arbeiter mit einem Hochdruckreiniger zu Werke. Ich griff den Feldstecher und äugte rüber, um das Modell zu erkennen, tippte auf einen Kärcher HD 8/18-4 MXA Plus mit vierpoligem Drehstrommotor und 180 bar Arbeitsdruck. Ein fantastisches Gerät, das in seiner Handhabung und mit seiner Effizienz sicherlich viel Freude bereitet.
Und ich verspürte einen gewissen Neid auf die Arbeiter. Ich hätte auch gerne einen Hochdruckreiniger, aber leider, leider gibt es in meinen Leben nichts, was mit Hochdruck gereinigt werden muss. Doch ich habe mir überlegt, trotzdem einen anzuschaffen und ihn einfach in der Wohnung aufzustellen. Wenn jemand nach dem Warum fragt, würde ich einfach mit der Schulter zucken oder behaupten, es sei Kunst. Und in der Tat gibt es manch schlechteres Kunstwerk als einen Hochdruckreiniger, und sei es auch bloss ein semiprofessionelles Gerät wie der Kärcher K 7 Compact.
Nun ist das Interesse eines Menschen an einem Hochdruckreiniger nachvollziehbar, denn die Verwandlung von etwas Dreckigem in etwas Sauberes verspricht tiefe Befriedigung. Jedoch registriere ich in letzter Zeit ein allgemein erhöhtes Interesse an Baustellen. Unlängst blieb ich auf dem Heimweg an einer Kreuzung stehen, wo eine Strasse neu geteert wurde. Ich schaute zu, wie mit einer Tandemvibrationswalze der Teer geplättet wurde. Wunderbar! Und ich ertappte mich dabei, wie ich an einem Bauzaun mit Zwischenraum (um hindurchzuschaun) stand und lange zusah, wie Krane Dinge durch die Luft hievten und Bagger Lastwagen mit Erdreich beluden. Faszinierend!
Man sagt, der Mensch werde im Alter irgendwann wieder zum Kind. Es könnte also durchaus sein, dass dieses wiedererwachende Interesse an Baustellen nichts anderes ist als die Rückkehr der kleinkindlichen Faszination. Ein Zeichen dafür also, dass man langsam, aber sicher alt zu werden beginnt. Wie dem auch sei: hochinteressant, so eine Baustelle! Mal schauen, ob heute wieder gekärchert wird. Und sollte die Arbeit ruhen: nicht schlimm, es gibt ja noch die eine oder andere Baustelle in unseren Städten.